Zweifellos bietet der Sport den Kindern wesentliche soziale Komponenten und den Betreuenden wertvolle Erziehungsmöglich-keiten. Die Gruppendisziplin und soziales Verhalten ist besonders Einzelkindern anderweitig deutlich schwer zu vermitteln. In Mannschaftssportarten werden diese eminent wichtigen Fähigkeiten bereits frühzeitig geschult. Für gute Schüler bietet sich im Sport oftmals erstmalig die Möglichkeit bei Niederlagen eine lebenswichitige Frustrationstoleranz zu entwickeln. In demokratisch geführten Mannschaftssportarten sind die Burschen und Mädchen, die zum Kapitän gewählt wurden, meistens bereits trotz ihrer Jugend mit vielen positiven, sozialen Eigenschaften ausgestattet.
In der Apotheke habe ich immer wieder mit Schäden zu tun, die Kinder durch falsches Training erleiden. Übertriebener Ehrgeiz von Eltern und Trainern, zu intensiver Wettkampfeinsatz und fehlendes Einfühlungsvermögen in das kindliche Gemüt können Sport für Kinder ungesund machen und bleibende Schäden an Körper und Seele hinterlassen. Daher mein Apell speziell an die Eltern: Kümmern Sie sich darum, dass das Training ihres Kindes der Altersstufe entsprechend gestaltet wird und der Spaß an der Bewegung im Vordergrund bleibt. Gönnen Sie ihrem Kind die notwendigen Erholungsphasen und achten Sie besonders bei Kindern, die Sport betreiben, auf die gesunde, basische Ernährung.
Wie sieht aus sportmotorischer und medizinischer Sicht ein kindgerechtes Training aus?
Dazu ist es notwendig die verschiedenen Altersstufen zu unterscheiden, die mit sportmotorischen Entwicklungsstufen gleich zu setzten sind.
Im Kindergartenalter (3 - 5) ist ein regelmässiges Training nicht wirklich sinnvoll, außer in versteckter, spielerischer Form. Als Beispiel möchte ich die Möglichkeit anführen, in der Wohnung oder an einem Baum Seile, Ringe, Reckstangen aus Hols etc. anzubringen und es den Kindern überlassen, welche Übungen sie sich darauf ausdenken und zutrauen. Dies führt sehr früh zur Entwicklung wertvoller Kraftausdauerfähigkeiten vieler verschiedener Muskelgruppen. Zu erwähnen wäre auch die einfache Möglichkeit mit einer niedrigen Kletterwand aus Holz- oder Kunststoffgriffen dieselben spielerisch erreichbaren Kraftausdauerziele zu erzielen.
Im Alter von 5 - 8 Jahren kann ist die Spielfreude besonders ausgeprägt, aber mit dem Nachteil verbunden, dass sich die Kinder nur kurz auf bestimmte Aufgaben konzentrieren können. Daher ist auf ein möglichst reichhaltes Trainingsangebot mit vielen verschiedenen Übungen zu achten. Den Kindern darf es niemals "fad" werden. Die Trainer müssen viele verschiedene Sportgeräte zur Verfügung haben und idealerweise gehen ihnen die Ideen an neuen Übungen nie aus. Wenn es irgendeine Möglichkeit gibt mit den Kindern für ein paar Tage oder eine Woche in ein Zeltlager zu fahren, so wird ihnen dieses Erlebniss meistens Zeitlebens unvergesslich bleiben, weil sie sich in dem typischen "Indianerspielalter" befinden. In der Gruppe entstehen dabei sehr früh wichtige emotionale Fähigkeiten. In Mannschaftsportarten kann bereits die Gruppenzugehörigkeit und ein geringes Maß an Disziplin (Kleiderordnung, Pünktlichkeit, Grußrituale etc.) vermittelt werden.
Nun folgt das erste goldenen Lernalter (8 - 10 Jahre), in dem die Jugendlichen eine enorm große Fähikeit besitzen, sehr schnell neue Bewegungen zu erfassen. Die nachgewiesen beste Aufnahmebereitschaft geht dabei über visuelles Lernen: das heißt, die Kinder sehen eine Bewegung und machen sie sofort nahezu perfekt nach. Sie haben durch die Schuldiziplin bereits eine wesentlich bessere Konzentrationsbereitschaft. Hier gilt die Forderung, dass die technisch und koordinativ besten Sportler als Trainer die Bewegung demonstrieren sollen. Es ist dies auch eine ideale Lebensphase, um die ersten technischen Fertigkeiten der jeweilig angestrebten Sportart zu entwickeln. Jedenfalls bleibt auch hier die Forderung nach einer möglichst polysportiven Ausbildung aufrecht. Die Jugendlichen sollen in vielen verschiedenen Sportarten und mit vielen verschiedenen Sportgeräten konfrontiert werden. Hier werden kostbare Bewegungsmuster für das gesamte spätere Leben angelegt!
Im zweiten goldenen Lernalter (10 zum Eintritt des Wachstumsschubes) sollten alle für die jeweilige Sportart notwendigen Bewegungsmuster perfekt beherrscht werden. Dies ist auch gleichezeitig die beste Techniktrainingszeit. Das Bewegungsempfinden ist hierbei am Zenit. Es gilt in diesem Lebensalter: "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr!". Alle für den jeweiligen Sport notwendigen schwierigen Bewegungsmuster werden jetzt perfektioniert, oder niemehr in dieser Präzision erlernt. Es ist logisch, das die koordinativ besten Sportler der jeweiligen Sportart diese geforderten Bewegungen vorzeigen sollten. Die Gruppendisziplin ist bereits sehr ausgeprägt, so dass es auch für weniger begabte Pädagogen möglich ist als erfolgreiche Übungsleiter zu fungieren.
Es folgt jetzt die Pubertät mit dem Wachstumsschub (12/13 - 14/15 Jahre) In diesem Alter verändern sich die Hebelverhältnisse der Muskulatur und des gesamten Skelettsystems mit der Folge, dass der Jugendliche die bereits beherrschten Bewegungsprogramme nicht mehr so exakt ausführen kann. Dazu kommt die Suche nach der eigenen Identität und beginnende Reifung der Persönlichkeit. Natürlich verursachen die Mißerfolge, bedingt durch die schlechtere Technik, großen Frust, der besonders in dieser Lebensphase nur sehr schwer toleriert wird. In den Zeiten des größten Längenwachstuns sind die Jugendlichen deutlich weniger leistungfähig. Sie benötigen viel mehr Trainingspausen und eine vorsichtige Dosierung, angepasst an den aktuellen Gesundheitszustand. Der Trainer sollte idealerweise über großes Einfühlungvermögen und gute pädagogische Eigenschaften verfügen. Letztlich befindet er sich oftmals im Spannungsfeld zwischen der Schule und den Eltern. Es gehen den verschiedenen Sportdisziplinen genau in dieser Lebensphase die meisten jugendlichen Sportler "verloren", weil sie sich entweder zu sehr gefordert oder völlig unverstanden fühlen. Der Trainer sollte nur geduldig diese schierige Zeit abwarten und den jungen Erwachsenen zur Seite stehen.
Nach Abschluss des Wachstumsalters (ca. 16./17. Lebensjahr) gelten von nun an alle Trainingsprinzipien, wie im Erwachsenenalter! (Siehe dort)
Erholung und Milchsäureabbau
Zu den sportmotorischen Fähigkeiten gilt besonders aus sportmedizinischer Sicht unbedingt noch Folgendes zu sagen: die Kinder haben bis zum Abschluss des Wachstums eingeschränkte Fähigkeiten, die anfallende Milchsäure aus zu intensiven Belastungen abzubauen. Die Erholungszeit für intensive Belastungen mit Milchsäurebildung ist um das vierfache verlängert! Es wären dies Läufe mit hoher Intensität über mehr als 50 Meter in mehreren Serien ohne längere Pausen von über 8-10 Minuten. Kindgerecht ist dauernde Bewegung im Grundlagenbereich und dazwischen erfolgen Sprints und Sprünge gemäss ihren ständig wechselnden Bewegungsimpulsen.